Mein Hund hat vor ein paar Wochen binnen eines Tages den Zugang zu seinem Augenlicht verloren. Vielleicht ist dies nur vorübergehend, vielleicht wird er zumindest irgendwann wieder Hell und Dunkel unterscheiden können, vielleicht wird er nicht mehr sehen können, -das wissen wir noch nicht.

Diese herausfordernde Situation hat mich sehr zum Nachdenken gebracht, vor allem im Bezug auf die Verantwortung und die tiefen emotionalen Verflechtungen, die sich sehr deutlich in solch einer Situation offenbaren. Welche Bilder kommunizieren wir unbewust, in welchen Schwingungen und Frequenzen bewegen wir uns, wo sind wir grenzenlos in unser Ohnmacht verstrickt, wie können wir mit Klarheit begleiten und ohne Erwartung Raum für Heilung (welcher Art auch immer) öffnen?

Diese Erfahrung kann wie eine Analogie zu einem Familiensystem dienen und verdeutlichen, wie Dynamiken innerhalb einer Familie ähnlich wie in einem Rudel wirken und wie wichtig individuelle Rollen, Grenzen, Klarheit und Abgrenzung sind. In einem Familiensystem – wie in einem Rudel – können die Rollen und Verantwortlichkeiten durch Krisen oder Krankheiten miteinander verwoben werden. Jeder Einzelne neigt dazu, sich in der kollektiven Dynamik zu verlieren.

 

In einer Familie mit kranken Familienmitgliedern kann eine Symbiose entstehen, bei der die Identitäten der einzelnen Familienmitglieder oft eng miteinander verflochten sind. Diese Symbiose bedeutet, dass das Wohl oder Leid eines Familienmitglieds, insbesondere eines kranken, stark das gesamte Familiensystem beeinflusst. Es ist ein Zustand, in dem emotionales und psychisches Gleichgewicht von der Krankheit oder dem Wohlbefinden des betroffenen Mitglieds abhängt. Für die anderen Familienmitglieder kann es eine Herausforderung sein, sich von dieser Dynamik abzugrenzen und ihre eigene Identität zu bewahren.

 

Herausforderungen der Symbiose in der Familie

Emotionaler Druck: Familienmitglieder können sich verantwortlich für das Wohlergehen des kranken Mitglieds fühlen. Oft entsteht das Gefühl, dass man die eigenen Bedürfnisse opfern muss, um den anderen zu unterstützen. Diese gegenseitige emotionale Abhängigkeit kann zu einer „unsichtbaren Verpflichtung“ führen, das Leiden des anderen zu lindern oder zu tragen.

Verlust der eigenen Identität: In einer solchen symbiotischen Beziehung kann es schwer sein, zwischen den eigenen Gefühlen und den Gefühlen des kranken Familienmitglieds zu unterscheiden. Die familiäre Dynamik könnte dazu führen, dass man sich selbst über die Rolle als Helfer oder Unterstützer definiert, anstatt auf die eigenen Bedürfnisse und Ziele zu achten.

Unbewusste Rollenübernahme: Oft übernehmen gesunde Familienmitglieder unbewusst bestimmte Rollen, wie die des „Retters“, der „Pflegeperson“ oder der „Mutterfigur“, um der Situation gerecht zu werden. Diese Rollen können die eigene Entwicklung behindern und zu einem Gefühl der Selbstaufopferung führen.

Angst vor Abgrenzung: Sich abzugrenzen, kann mit Schuldgefühlen verbunden sein. Es könnte der Eindruck entstehen, dass man egoistisch handelt oder das kranke Familienmitglied im Stich lässt, wenn man auf die eigenen Grenzen achtet. Diese Angst vor der Distanzierung hält oft die Symbiose aufrecht.

Schritte zur Abgrenzung

Bewusstsein entwickeln: Der erste Schritt besteht darin, sich der symbiotischen Dynamik bewusst zu werden. Reflektiere darüber, inwieweit du dich emotional mit dem kranken Familienmitglied verwoben fühlst und wie dies deine eigenen Wünsche und Ziele beeinflusst. Bewusstsein ist der Schlüssel, um überhaupt erkennen zu können, wo Abgrenzung notwendig ist.

Selbstfürsorge als Priorität: Es ist entscheidend, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. Selbstfürsorge ist kein Egoismus, sondern eine notwendige Praxis, um langfristig gesund und stabil zu bleiben. Dazu gehören Ruhephasen, persönliche Zeit, Aktivitäten, die Freude bereiten, und emotionale Entlastung durch Gespräche oder therapeutische Unterstützung.

Emotionale Unabhängigkeit fördern: Es kann hilfreich sein, emotionale Distanz zu üben, indem man lernt, zwischen den eigenen Emotionen und denen des kranken Familienmitglieds zu unterscheiden. Dies bedeutet, Mitgefühl zu zeigen, ohne die emotionalen Lasten vollständig zu übernehmen. Man kann für den anderen da sein, ohne die Verantwortung für dessen Heilung zu tragen.

Gesunde Grenzen setzen: Grenzen zu setzen, bedeutet nicht, den Kontakt abzubrechen oder die Unterstützung aufzugeben, sondern klare Linien zu ziehen, was man emotional und physisch leisten kann und was nicht. Diese Grenzen ermöglichen es, Raum für die eigene Identität zu schaffen, ohne die familiäre Beziehung zu vernachlässigen.

Kommunikation und Offenheit: Es ist wichtig, offen mit der Familie über die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu sprechen. Ein ehrlicher Austausch über die Belastungen und Gefühle kann helfen, die Rollen zu klären und zu verhindern, dass Erwartungen oder Missverständnisse entstehen. Klarheit und offene Kommunikation können helfen, Schuldgefühle zu reduzieren und Abgrenzung zu normalisieren.

Unterstützung von außen suchen: Professionelle Unterstützung, sei es durch Therapie, Coaching oder Selbsthilfegruppen, kann helfen, sich der eigenen Rolle bewusst zu werden und emotionale Unterstützung zu bieten. Dies schafft Raum, um unabhängig von der Familiendynamik an der eigenen Identität zu arbeiten und gesunde Abgrenzung zu lernen.

Die Krankheit als Teil, aber nicht als Ganzes der Familie sehen: Es ist wichtig zu erkennen, dass die Krankheit zwar das Leben der Familie beeinflusst, aber nicht die gesamte Existenz bestimmen sollte. Jede Person in der Familie hat ihre eigenen Bedürfnisse, Träume und Ziele, die es wert sind, verfolgt zu werden, unabhängig von den Herausforderungen, die durch die Krankheit entstehen.

In einer Familie mit einem kranken Familienmitglied eine gesunde Abgrenzung zu finden, ist eine Herausforderung, die emotionale Stärke und Selbstreflexion erfordert. Indem man Bewusstsein schafft, klare Grenzen setzt und die eigene Identität stärkt, kann man in einer unterstützenden Rolle bleiben, ohne sich selbst dabei zu verlieren. Dies ist nicht nur für das eigene Wohlbefinden entscheidend, sondern letztendlich auch für das gesunde Funktionieren des gesamten Familiensystems.

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